Roboter-Kommissionierung: wie intelligente Systeme die Intralogistik transformieren

Im Lager der Zukun­ft arbeit­en Men­schen und Robot­er Seite an Seite. Autonome Fahrzeuge navigieren selb­st­ständig durch die Regal­gänge, während KI-Sys­teme Kom­mis­sion­ier­aufträge opti­mieren – ganz ohne men­schlich­es Ein­greifen. Doch wie weit sind wir davon wirk­lich ent­fer­nt?

Wir sind eigentlich schon da. Als Indus­trieplan­er befassen wir uns stets mit tief­greifend­en tech­nol­o­gis­chen Rev­o­lu­tio­nen in der Intral­o­gis­tik. Der kon­stante Mark­t­druck nach höher­er Geschwindigkeit, Präzi­sion, Effizienz und Flex­i­bil­ität macht die Automa­tisierung zur strate­gis­chen Notwendigkeit für unsere Kun­den. Die Ver­schmelzung von Hard­ware und intel­li­gen­ter Soft­ware definiert die Spiel­regeln im Bere­ich der Robot­er-Kom­mis­sion­ierung neu.

Wer­fen wir zunächst einen Blick auf die Stufen der robot­ergestützten Kom­mis­sion­ierung.

robotergestützte Kommissionierung

Automatisierungsstufen beim Einsatz von Picking-Robotern

Schaubild Automatisierungsstufen von Picking-Robotern
Schaubild Automatisierungsstufen von Picking-Robotern

Hier­bei han­delt es sich um die erste Entwick­lungsstufe auf dem Weg zur vol­lau­toma­tis­chen Kom­mis­sion­ierung. Sie verbindet men­schliche Flex­i­bil­ität mit robo­tis­ch­er Präzi­sion. Der Men­sch bleibt flex­i­bel und entschei­dungs­fähig, der Robot­er fungiert als «Cobot» und sorgt für Präzi­sion und Wieder­hol­ge­nauigkeit.

Bei diesem Ansatz arbeit­en Men­sch und Robot­er eng zusam­men: Der Robot­er übern­immt die repet­i­tiv­en oder ergonomisch belas­ten­den Bewe­gun­gen – etwa das Greifen, Heben oder Posi­tion­ieren von Artikeln –, während der Men­sch die Entschei­dungslogik oder Qual­ität­skon­trolle beis­teuert.

Tech­nolo­gie:

Teilau­toma­tisierte Pick­ing Robot­er basieren auf ein­fach­er Bild­ver­ar­beitung oder Bar­code-Scan­ning. Der Robot­er führt die vorge­se­hene Bewe­gung präzise aus – entwed­er durch direk­te Freiga­be des Mitar­beit­ers oder auf Basis vordefiniert­er Para­me­ter. Der Kom­mis­sion­ierungs-Robot­er ori­en­tiert sich an fes­ten Greif­punk­ten und vorstruk­turi­erten Objek­ten (z.  B. in Kisten), eine adap­tive Hand­habung erfol­gt jedoch nicht. Der Men­sch bleibt jed­erzeit im Regelkreis: Er wählt aus, über­prüft und kor­rigiert bei Bedarf.

Was ist ein Cobot?
Ein Cobot ist ein kol­lab­o­ra­tiv­er Robot­er für die sichere und direk­te Zusam­me­nar­beit mit Men­schen in einem gemein­samen Arbeits­bere­ich.

Vorteile:

  • Kürzere Kom­mis­sion­ierzeit­en
  • Gle­ich­bleibende Prozessqual­ität bei reduziert­er kör­per­lich­er Belas­tung für das Per­son­al

Ein­satzge­bi­et:

  • Kleine bis mit­tlere Lager mit stan­dar­d­isierten Pro­duk­ten

Dieses Zusam­men­spiel bietet einen ide­alen Ein­stieg in die Automa­tisierung, weil es beste­hende Prozesse kaum verän­dert, aber Effizienz und Ergonomie deut­lich verbessert.

In dieser zweit­en Automa­tisierungsstufe arbeit­et der Kom­mis­sion­ier­ro­bot­er weit­ge­hend autonom. Der Men­sch greift nur noch bei Aus­nah­me­fällen, Störun­gen oder zur über­ge­ord­neten Prozessüberwachung ein.

Voraus­set­zung in dieser Stufe ist eine struk­turi­erte Arbeit­sumge­bung: Stan­dar­d­isierte Pro­duk­te liegen in definierten Posi­tio­nen, gle­ich­för­mi­gen Behäl­tern oder Ladeein­heit­en. Durch diese klare Struk­tur ist der Pick-Robot­er in der Lage, Posi­tion und Form der vordefinierten Artikel zu erken­nen, seine Bewe­gun­gen exakt zu pla­nen und wieder­hol­bar auszuführen.

Tech­nolo­gie:

Bei diesen Sys­te­men kom­men erweit­erte Bild­ver­ar­beitung (2D/3D) und ein­fache KI-Mod­elle zum Ein­satz. Sen­soren und Kam­erasys­teme erfassen die Umge­bung, vordefinierte Algo­rith­men berech­nen die Greif­punk­te. So kann der Robot­er die Artikel sich­er ent­nehmen.

Vorteile:

  • Höch­st­mass an Prozess­sicher­heit durch Kom­bi­na­tion aus präzis­er Mechanik, vorgegebe­nen Lay­outs und intel­li­gen­ter Steuerungssoft­ware
  • Ver­mei­dung manuell verur­sachter Fehler, gle­ich­bleiben­des Qual­ität­slev­el
  • Hal­ten des Durch­satzes auf hohem Niveau durch hohe Geschwindigkeit

Ein­satzge­bi­et:

  • Sor­ti­mente mit hohem Vol­u­men, geringer Vari­anten­vielfalt und klar definierten Pro­duk­tabmes­sun­gen
  • Automa­tisierte Klein­teile­lager, ALB-Sys­teme mit fes­ten Pick­plätzen

Hier erfol­gt der Über­gang zu voll­ständig autonomen Sys­te­men. Diese Stufe ist durch ein Mass an Selb­st­ständigkeit gekennze­ich­net, das früher nur durch men­schliche Erfahrung und Intu­ition möglich war.

Im Gegen­satz zu den vorheri­gen Stufen ist die Arbeit­sumge­bung hier nicht mehr vorstruk­turi­ert: Artikel liegen in unter­schiedlichen Posi­tio­nen, For­men oder Ver­pack­un­gen vor. Sie kön­nen in Mate­ri­aleigen­schaften und Ober­flächen vari­ieren und sich sog­ar über­lagern.

Tech­nolo­gie:

Der Kom­mis­sion­ier-Robot­er bewältigt diese Kom­plex­ität eigen­ständig mith­il­fe von kün­stlich­er Intel­li­genz, 3D-Kam­er­at­e­ch­nolo­gie/­Bilderken­nung und adap­tiv­er Greiftech­nik. Mod­erne Vision-Sys­teme erfassen das Szenario in Echtzeit, analysieren Grösse, Lage und Ori­en­tierung der Objek­te und wählen automa­tisch den opti­malen Greif­punkt. Dabei kann das Sys­tem eine nahezu unbe­gren­zte Vari­anten­vielfalt hand­haben.

Der Ein­satz von Machine-Learn­ing- und Deep-Learn­ing-Algo­rith­men ermöglicht es dem Sys­tem, aus unzäh­li­gen Bild­dat­en zu ler­nen, um Objek­te präzise zu erken­nen und voneinan­der zu unter­schei­den. Für die intel­li­gente Pla­nung des Greifvor­gangs (Grasp Plan­ning) bew­ertet die Soft­ware ver­schiedene mögliche Greif­punk­te und Bewe­gungs­bah­nen. Sie simuliert deren Erfol­gschan­cen und entschei­det sich für die sta­bil­ste und sich­er­ste Vari­ante.

Vorteile:

  • Höhere Geschwindigkeit und Prozesssta­bil­ität durch den Ein­satz intel­li­gen­ter, selb­stler­nen­der Robot­er­sys­teme
  • Hohe Anpas­sungs­fähigkeit

Ein­satzge­bi­et:

  • Dynamis­che Pro­duk­tions- und Logis­tikumge­bun­gen, in denen Pro­duk­te, Aufträge und Ver­pack­ungs­for­mate häu­fig wech­seln
  • Gemis­chte Artikel auf Förder­bän­dern, in chao­tis­ch­er Lagerung oder Retouren
  • Grosse Lager mit hoher Artikelvielfalt, z. B. E‑Commerce, Phar­ma, Food

Das intel­li­gente, ler­nende Robot­er-Pick­ing beschreibt die vierte und derzeit fortschrit­tlich­ste Entwick­lungsstufe der Kom­mis­sion­ierungsautoma­tisierung. Im Zen­trum ste­ht die Fähigkeit des Robot­ers zur kon­tinuier­lichen Selb­stverbesserung. Er agiert nicht mehr nur autonom, son­dern adap­tiv und selb­stop­ti­mierend.

Der Kom­mis­sion­ier­ro­bot­er wertet seine Aktio­nen in Echtzeit aus, analysiert Erfolg und Mis­ser­folg und passt daraufhin seine Strate­gien automa­tisch an. Er entwick­elt ein eigenes Ver­ständ­nis dafür, welche Greif­muster, Geschwindigkeit­en und Bewe­gungsabläufe den höch­sten Erfolg ver­sprechen – auch unter wech­sel­nden Bedin­gun­gen. Das Ergeb­nis sind Robot­er, die nicht mehr pro­gram­miert, son­dern trainiert wer­den.

Tech­nolo­gie:

Tech­nisch gese­hen kom­biniert das Sys­tem Vision-Sys­tem, Sen­sortech­nik, Greifkraftregelung und Echtzeit-Feed­back. Es nutzt fort­geschrit­tene Deep-Learn­ing-Mod­elle, Sen­sor­fu­sion und datengetriebene Entschei­dungslogik, um aus jed­er Bewe­gung, jedem Greifvor­gang und jed­er Umge­bungssi­t­u­a­tion zu ler­nen. Es erken­nt Pro­duk­tarten, Ver­pack­ungs­ma­te­ri­alien oder Pri­or­itäten in der Auf­tragsab­wick­lung und passt sein Ver­hal­ten entsprechend an. In Kom­bi­na­tion mit Pre­dic­tive Ana­lyt­ics und Edge-Com­put­ing tre­f­fen diese Sys­teme Entschei­dun­gen selb­st und nahezu verzögerungs­frei.

Vorteile:

  • Flex­i­bles Reagieren auf neue Artikel, Lay­outs oder Prozessverän­derun­gen, ohne dass Ein­griffe durch Fach­per­son­al notwendig sind
  • Auch bei hoher Vari­anten­vielfalt kon­stant, präzise und wirtschaftlich
  • Per­ma­nente Prozessverbesserung, Pick-Rate-Opti­mierung und Fehlererken­nung (z. B. beschädigte Ware)
  • Geringe Still­stand­szeit­en
  • Kurze Ein­lernzeit­en der Robot­er

Ein­satzge­bi­et:

  • Hoch­dy­namis­che Lager
  • Grosse Dis­tri­b­u­tion­szen­tren
  • Automa­tisierte Ful­fill­ment-Cen­ter

Praxisbeispiel: Automatisierte Roboterkommissionierung bei der Dr. Falk Pharma GmbH

Aktuell befassen wir uns bei SOLTIC mit der Automa­tisierung des Kom­mis­sion­er­prozess­es bei der Dr. Falk Phar­ma GmbH. Das Unternehmen ist Spezial­ist in der Ver­dau­ungs- und Stof­fwech­selmedi­zin. Als Fam­i­lienun­ternehmen mit glob­aler Ver­net­zung set­zt die Dr. Falk Phar­ma GmbH ihren Fokus auf die Entwick­lung und den Ver­trieb inno­v­a­tiv­er Arzneimit­tel.

Im Rah­men eines Pro­jek­ts zur effizien­ten Konz­ern­l­o­gis­tik der Unternehmensgruppe unter­sucht SOLTIC gemein­sam mit der Dr. Falk Phar­ma GmbH den Ein­satz automa­tisiert­er Pick-Robot­er. Im Zen­trum ste­ht dabei die Mach­barkeit­sprü­fung ein­er automa­tisierten Robot­erkom­mis­sion­ierung am Behäl­terkom­pak­t­lager (Auto­Store). Die Ziele der in Koop­er­a­tion mit einem poten­ziellen Liefer­an­ten durchge­führten Studie sind:

  1. Klärung der tech­nis­chen Umset­zbarkeit der Robot­er­lö­sung unter Berück­sich­ti­gung des Artikel­spek­trums der Dr. Falk Phar­ma GmbH
  2. Detail­lierte Analyse der Auswirkun­gen auf vor- und nachge­lagerte Prozesse (wie Pack- und Ver­sand­prozesse)
  3. Abschliessende Bew­er­tung des resul­tieren­den Busi­ness Case

Erhal­ten Sie Ein­drücke des Pro­jek­tes im fol­gen­den Video. 

robotergestützte Kommissionierung

Picking Roboter: die Technik dahinter im Überblick

Robot­ic Pick­ing ist weit mehr als nur ein Robot­er­arm. Es ist ein kom­plex­es Sys­tem, das auf dem Zusam­men­spiel mehrerer Tech­nolo­gien basiert:

Kün­stliche Intel­li­genz (KI) & Machine Learn­ing (ML)

  • Objek­terken­nung
    KI-gestützte Algo­rith­men ermöglichen es den Robot­ern, Artikel unter­schiedlich­er Form, Grösse, Tex­tur und Lage (Bin-Pick­ing) im Lager­be­häl­ter zu iden­ti­fizieren. Ein vor­trainiert­er Deep-Learn­ing-Algo­rith­mus iden­ti­fiziert opti­male Greif­punk­te für beliebige Artikel.
  • Greif­punk­tbes­tim­mung
    ML opti­miert kon­tinuier­lich die Greif­s­trate­gie, um Beschädi­gun­gen zu ver­mei­den und eine hohe Pick-Rate zu gewährleis­ten, selb­st bei vari­ieren­den Pro­duk­t­sor­ti­menten.

Vision-Sys­teme (Bild­ver­ar­beitung)

  • 3D-Kam­eras und Sen­sorik
    Hochau­flösende 3D-Bild­ver­ar­beitungssys­teme erfassen die exak­te Posi­tion und Ori­en­tierung der Artikel im Raum, um die Bewe­gun­gen des Robot­er­arms mil­lime­ter­ge­nau zu steuern.

Greifer­tech­nolo­gie

  • Mul­ti­funk­tionale Greifer
    Es kom­men flex­i­ble Greifer zum Ein­satz, die sich an ver­schiedene Pro­duk­t­typen anpassen kön­nen, wie z. B. Vaku­um­greifer (für flache Ober­flächen), Fin­ger­greifer oder adap­tive Greif­sys­teme, die ihr Greif­sys­tem je nach Ware auch automa­tisch wech­seln kön­nen.

Fazit

Das ein­gangs beschriebene Szenario ist längst keine ferne Vision mehr. Viele dieser Tech­nolo­gien sind heute bere­its erfol­gre­ich im indus­triellen All­t­ag im Ein­satz. Die Gren­zen zwis­chen Men­sch, Mas­chine und dig­i­taler Intel­li­genz ver­schwim­men zunehmend. Mod­erne Intral­o­gis­tiksys­teme agieren nicht mehr reak­tiv, son­dern vorauss­chauend, adap­tiv und ver­net­zt. Für Unternehmen bedeutet das: Die Zukun­ft der Logis­tik find­et nicht mor­gen, son­dern heute statt – in jed­er Anlage, die auf flex­i­ble Automa­tisierung, lern­fähige Sys­teme und naht­lose Inte­gra­tion set­zt.

Mit SOLTIC wird Ihre Intralogistik der Zukunft zur Realität

Wir sehen Ihre Kom­mis­sion­ierung als einen Ort, an dem Tech­nolo­gie und men­schliche Exper­tise nicht im Wet­tbe­werb ste­hen, son­dern sich gegen­seit­ig ver­stärken. Das Ergeb­nis ist eine neue Qual­ität von Pro­duk­tiv­ität, Trans­parenz und Flex­i­bil­ität – und ein entschei­den­der Baustein für die indus­trielle Wertschöp­fung von mor­gen.

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Portrait Bastian Wenz

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Bas­t­ian Wenz
Senior Project Man­ag­er, Expert

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